Radical Chic und WauWau

Wer wenigstens den 50. Geburtstag hinter sich hat, wird sofort messerscharf geschlossen haben: das ist die Mutation eine Buchtitels von Tom Wolfe. (1972: „Radical Chic. Und MauMau bei der Wohlfahrtsbehörde.“) Wir machen sowas öfter. Der Sir und ich. Das hat uns vermutlich zu Origami Ninjas werden lassen, die – anders als Mutter und Vater Übü – nicht bloß auf das Ergebnis konzentrierter Arbeit setzen, um einen Befund zur Welt abzuliefern.

Mallyziös: Sir Oliver Mally, Origami Ninja

Manchmal heißt es bei uns auf Origami-Art: Voll auf die Zwölf! Wir. Musiker Oliver Mally und ich. Das kam aus so romantischen Momenten wie wenn er seufzt: „Endlich einer, der weiß, wer das ist!“ Wer? Nelson Algren. Der Autor, von dem Frankie Machine erfunden wurde. „Der Mann mit dem goldenen Arm“. Oder William Saroyan. Nein, man muß nicht wissen, wer das ist. Aber wir. Wir müssen sowas wissen.

Richtig hart wird es dann bei Kinofilmen. Mally ist eine cineastische Enzyklopädie. Gruselig! Wenn ich ihm einmal einen Film empfehlen kann, den er noch nicht kennt, knallen bei mir die Sektkorken und ich besauf mich.

Ob der Sir radikal ist? Womöglich. Weiß ich nicht. Aber er ist obsessiv. Und er hat eine eher niedere Reizschwelle, wenn jemand seine Deppen-Allergie triggert. Können Sie sich vorstellen, was zwischen uns beiden abgeht, wenn uns jemand aus der neuen Bourgeoisie die Plomben lockert?

Es bellen die Rebellen
Man könnte eine eigene Enzyklopädie der steirischen Rebellenposen verfassen. Was bei uns so alles an kühnen Phrasen rausgehauen wird. Abenteuerlich! Schau ich aber, was real geschieht, geht es in vielen Fällen ganz geschmeidig um Vorteilsplätze im Rennen nach Ressourcen. Okay. Kein Einwand. Kann man machen. Aber wozu die rebellischen Posen? Die scharfen Sprüche?

Ich ahne es: Selbstergriffenheit. Radical Chic und WauWau.

Und wozu? Ich ahne es: Man fühlt sich vor sich selbst besser und macht vor anderen eine kantige Figur. Cool! Ja, leck mich am Arsch! Wir haben die interessanteste Krise meines bisherigen Lebens und hier macht eine Quasi-Boheme auf Spießbürger in der Resistance? Das gehört zum Lustigsten und zum Traurigsten was mir in letzter Zeit untergekommen ist.

Also! Was tun? (Hehe! Ein Lenin-Zitat: „Čto delat?“) Ab in den öffentlichen Diskurs! Nennen Sie Ihre Gründe! Klären wir, was zu klären ist! Die Debatte könnte so überschrieben sein: „Bin ich hier der Dorfdepp?“

— [Hart am Wind: Die Übersicht] —

Post Scriptchen:
Um in solchen Belangen voranzukommen, haben wir Origami Ninjas die „Problemzone“ eingerichtet.

Autor: Franz Blauensteiner

Kulturarbeiter - Theatermacher - übüKULTUR Hackler Vater Übü, alias Franz Blauensteiner Artdirektor und Theatermacher "Scheitern gehört zum Programm." Vom analogen Bühnenstück zum Low Budget Wild Style Movie in Episoden – dem Theaterfilm. übüFamily: übüDigital-übüFilm und übüLive | Digitale Kunstvermittlung: Theater im Internet und LiveActs Im 25. Jahr werkraumtheater, Neustart mit dem Brand die übüFamily: Im Pandemiejahr 2020 musste das Grazer werkraumtheater studio in der Glacisstraße 61A leider schließen. Aber dieÜbüs orientierten sich nach 25 Jahren Kulturschaffen neu und wagten sich an das „Unmögliche“, denn: Ever tried. Ever failed. No matter. Try again. Fail again. Fail better (Samuel Beckett) Doch jedes Ende hat auch einen Anfang. Man erfindet sich neu bzw. startet mit einem neuen Format durch, der übüFamily. Das Grazer werkraumtheater wurde im Jahr 1995 von Franz Blauensteiner und Rezka Kanzian gegründet und belebte erfolgreich die Freie Szene abseits der Norm. Was ursprünglich als Alternative zu den konventionellen städtischen Theatern ins Leben gerufen wurde, gilt heute, 25 Jahre später, als eigene Marke und steht für ausdrucksstarke Theaterkunst, die eben nicht (nur) unterhalten will, sondern auch berühren soll. Jedes einzelne Stück kennzeichnet eine mehr oder weniger starke, aber konstante Durchzogenheit von Tradition und Geschichte, welche uns etwa berühren mag, teils vielleicht auch unangenehm ist oder gar (un)ästhetisch wirkt. Gerade diese Reichhaltigkeit und Tiefsinnigkeit sind es, welche die Stücke und Projekte des werkraumtheaters so einzigartig machen. – Weg von der Norm und den Vorgaben, die uns die Gesellschaft ein-indoktriniert, hin zur Freiheit und Individualität und schließlich hin zur „freien Kunst“.