Meine Kontinentaltheorie habe ich hier schon vorgetragen. Den Hinweis auf Kolonialstil und Appropriations-Momente hab ich gegeben. Josephinismus 2.0 ist ein Thema, das ich noch bearbeiten muß. Ich möchte ergänzend hier kurz das Machiavelli-Prinzip darlegen. Sehen Sie sich ruhig danach im Kulturbetrieb Ihres Vertrauens um. Sie werden garantiert zu irgendeinem der Punkte fündig.
Aber ein harmloserer Auftakt. Hauen Sie einmal das Wort Sekretär in eine Suchmaschine. Würde mich nicht wundern, wenn Sie erst einmal tausend Möbelstücke ausgeworfen bekämen. Mir gefällt dagegen die Intrada zum Stichwort Sekretär auf Wikiped sehr:
„Sekretär ist ein Beruf in der Verwaltung mit Schwerpunkt auf Kommunikation. Sekretäre erledigen in der Regel allgemeine Büro- sowie Assistenzaufgaben, insbesondere die Korrespondenz sowie bereichsbezogene kaufmännisch-verwaltende Tätigkeiten.“ Das hat einen Hauch von Würde.
Das lateinische Wort „secretio“ bedeutet Absonderung, Trennung. Der Sekretär, ein Sonderling? Nein, eine Fachkraft für das, was nicht in der Öffentlichkeit erledigt wird. Der Mann hinter den Kulissen, genauer: der Mann hinter dem Fürsten. (Wäre auch zu untersuchen, wie sich Kanzlei und Kanzel zueinander verhalten.
Niccolò Machiavelli war unter anderem Staatssekretär einer bedeutenden Kanzlei der Republik Florenz. Er ist für mich eines der Rollenmodelle für den Vorläufer dessen, was wir uns heute als einen Schriftsteller ausmalen.
Das heißt, ich stelle mir vor, mein Beruf hat sich aus den Sekretären des Florenz der Renaissance entwickelt. Damals war es aber undenkbar, daß sich jemand dieses Standes in der gesellschaftlichen Hierarchie über seine Position hinaus erhob. Daher sorgte der gute Sekretär dafür, daß er selbst vorzüglich gebildet war, einen feinen Schreibstil pflegen konnte und sich auf Netzwerkarbeit verstand.
Mit solchen Kompetenzen glänzte der Sekretär in angemessener Demut und zugunsten seines Fürsten (Il Principe), auf daß sich dessen Position durch die Exzellenz des Sekretärs da und dort verbessern mochte. So konnte der Glanz des Prinzen zunehmen, auf solche Art etwas warmer Abglanz für den Sekretär entstehen, ihn gleichermaßen ein wenig erhöhen. Wie der Mond selbst nicht leuchtet, aber von der Sonne beschienen wird und uns darin gefällt, so kreist der gebildete, feinsinnige Sekretär um seinen Fürsten.
Eben dieses Prinzip finde ich da und dort in unserer Politik angewandt, wenn auch etwas billiger ausgeführt. Wo beispielsweise ein Lokalpolitiker nicht gerade von Kompetenzen überquillt, muß dann auch sein Kulturbeauftragter in der Verwaltung nicht die hellste Kerze auf der Torte sein. Hauptsache, es paßt kein Blatt Papier zwischen beide und sie agieren komplementär.
Da kann ruhig auch die Qualität des lokalen Kulturbetriebs absacken, der Provinz-Machiavell wird sich auf bewährte Formen der Nietensolidarität verlassen können. Es finden sich ihm gegenüber allemal diverse Hobbykräfte, die bezüglich ihrer Kunstfertigkeit nicht annähernd so starke Ambitionen haben wie bezüglich ihres Sozialprestiges. Und schwupps! Schon kommt der kleine Kulturmachiavellismus in die Gänge. Das meine ich mit Machiavelli-Prinzip.