Ich denke, diese zwei Kategorien bedingen einander: Solidarität und Macht. Für mich liegt Macht darin, andere Menschen ohne rohe Gewalt zu Verhaltensänderungen zu bewegen; und daß ich besseren Zugriff auf Ressourcen habe, als andere Leute. Ab hier greift dann das jeweilige Konzept.
Solidarische Haltung und solidarisches Handeln erscheinen mir untrennbar. Worte sind kein Beleg für Solidarität. Im solidarischen Handeln kann ich auf Machtmißbrauch antworten. Was heißt das positiv formuliert?
Eine wichtige Grundlage jeglicher Gemeinschaft: Die Regeln müssen bekannt und transparent sein, um „Gnadenstand“ auszuschalten. Rechtssicherheit heißt, wir wissen alle, worauf wir uns mit Recht berufen können, wenn es darauf ankommt. Pflichten sollten dazu auch geklärt sein. Wir werden im Kulturbetrieb freilich kaum Entsprechungen zu alten Handwerksordnungen verfassen. Manchmal erscheint allerdings eine Charta nützlich.
Solidarität hieße dann auch: wenn einzelne Personen von Gewaltwillkür betroffen sind, sollte die Gemeinschaft einschreiten. Solidarität hieße ferner, sich aktiv für Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit einzusetzen.
Solidarität hieße wohl auch, Mindeststandards an intellektueller Selbstachtung zu markieren und dann einzugreifen, wenn jemand die Begriffe einer Solidargemeinschaft kapert, um damit andere, eigennützige Zwecke zu verfolgen.
Wer Guerilla Marketing bevorzugt, wer die Bilder und Begriffe einer Solidargemeinschaft klaut, um sich selbst besser zu vermarkten, um an einschlägige Budgets zu kommen, um das Segment zu plündern, muß zur Rede gestellt werden.
Solidarität ohne wechselseitige Verpflichtungen und konkretes kollektives Handeln kann ich mir nicht vorstellen. Das hielte ich dann für einen beliebig befüllbaren Containerbegriff, wahlweise einen Brocken aus der Phrasendreschmaschine.
Ich bekomme nun seit Monaten keine stichhaltigen Hinweise auf belegbare steirische Beispiele. Ich kenne selber aus bald 50 Jahren Berufspraxis kein einziges Beispiel, wo Solidarität in unserem Metier zeitliche und örtliche Grenzen nennenswert überschritten hätte.
Wer demnach das Wort Solidarität wie eine Fahne vor sich herträgt, sollte erklären, was genau damit gemeint ist. Sie ahnen vermutlich, daß ich selbst dazu neige, den Begriff mit einer historischen Kategorie verbunden zu sehen.
Wir befinden uns in einem fundamentalen Umbruch. Ich würde gerne neu klären, um welche Qualitäten und Konventionen es diesbezüglich geht und welche Sprachregelung dafür ausreichend genau sowie aufschlußreich wäre.