In der aktuellen Debatte rund um den jüngsten Wahlsieg der Grazer KPÖ ging stellenweise ein erstaunliches Gezänk los. Aber es ist doch erfreulich, wieviel Geschichtsbewußtsein sich allerhand politisches Personal neuerdings selbst aus dem Steiß zieht.
Wenn ich ministeriale Prominenz wie Edtstadler oder Nehammer über den Kommunismus referieren höre, wird mir fast warm ums. Herz. (Naja, die Wärme dürfte vom Zwerchfell kommen, das dieser Tage Zusatzschichten fährt.)
Das interessante Konzept einer „Verantwortung vor der Geschichte“, Hitler hätte gesagt: „Vor der Vorsehung“, markiert derzeit Schriften von Marx und Engels als den Startpunkt einiger Kontinuitäten, die uns also erkennen lassen, wer gute und wer schlechte (böse?) Kräfte jener gewaltigen Transformation sind, die Europa abschnittweise aus der Feudalzeit und der agrarischen Welt heraustreten ließen.
Wie ich erfahren konnte: „Diese Ideologie“ (Welche? Die „kommunistische“?) dürfe es aufgrund der Geschichtsverläufe seit 31. Dezember 1999 nicht mehr geben. Hier wäre nun „Das kommunistische Manifest“ quasi der ideologische Urknall, um jene Hintergrundfolien entstehen zu lassen, vor denen sich nun aktuelle Kräfte der heimischen Politik zu verantworten hätten.
Also zum Beispiel die steirische KPÖ. Haben deren Funktionstragende verwerflich gehandelt? (Falls ja, bitte um Informationen!) Steht in ihrem Programm etwas, das unsere Staatspolizei aktivieren würde? (Wohl kaum!) Aber die Historie!
Denken Funktionstragende der steirischen KPÖ Dinge, die wir nicht akzeptieren dürfen? Najaaa, man kann in niemandes Kopf blicken. Aber wer sich mit dem Wort Kommunismus behängt, sollte dann also doch näher in Augenschein genommen werden? (Sowas nannte man vor Jahrzehnten „Gesinnungsschnüffelei“.)
Lassen wir kurz beiseite, daß der Philosoph und Ökonom Karl Marx mit seinem leistungsfähigen Verstand auf Umbrüche der Zeit reagiert hat. Reden wir nicht über allerhand Massenelend, Kriegslust und sonstige Kuriosa, die der Mann sah, bevor er 1883 starb.
Schwamm drüber, daß Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin, viel später, im April 1917, von den Deutschen per versiegeltem Zug aus der Schweiz nach Rußland gebracht wurde, um dort Kräfte in Gang zu setzen, die – erwartungsgemäß – den herrschenden Romanows die Lichter ausbliesen.
Stalin, der paranoide Schlächter, drechselte später aus all diesen Vorspielen einen Kommunismus, der viele Millionen das Leben kostete. Dem setzte die Rote Armee noch einigen Blutzoll drauf, um die Konfrontation mit Hitlers Horden für sich zu entscheiden. Muß ich fortfahren? Wohl kaum!
Wie mir das nun christlich-soziale Praktikanten und manche Sozialdemokraten vom kommunistischen Manifest herleiten, finde ich extrem kreativ. Außerdem endlich wieder ein Thema, zu dem auch Leuten der FPÖ was einfällt. (Übrigens! Auch Friedrich Engels war Philosoph und Historiker, kein Politiker. So viel zum Manifest.)
Zugegeben, ich schwächle bei all diesen Fragen der Geschichtsbetrachtung noch etwas, hab aber zum Glück einige Heimatkunde-Hefte über Jahrzehnte aufbewahrt und werde mich nun schlau machen. (Details zur Sache in: „Wachsende Unruhe“!)