Achtung, Privatmythologie! Es mag einem freistehen, eine so esoterische Deutung des Metiers zu vertreten: „Ich habe meine Berufung zum Beruf gemacht“. Das ist die salbungsvolle Variation von: „Ich hab mein Hobby zum Beruf gemacht“. (Mich hat freilich nichts und niemand berufen, ich kam selbst zum Schluß…)
Ich bin Profi. Die Profession soll mir den Broterwerb ermöglichen. Falls das nicht gelingt, ist es mein Hobby? Und die Kunst? Halt, halt, halt! Halten wir die Kategorien ein wenig auseinander. Ich bin Künstler, weil ich ein Leben in der Kunst gewählt habe. Ich bin durch meine Kunstpraxis Künstler.
Das handelt von Anforderungen und Kompetenzen, die vorerst noch nichts mit dem Markt und mit dem Broterwerb zu tun haben. Um auf dem Markt bestehen zu können, was bedeutet: ein adäquates Jahreseinkommen zu erwirtschaften, brauche ich ganz andere Kompetenzen als sie für meine Kunstpraxis nötig sind.
Fallen Ihnen die Nuancen des Unterschieds auf? Kunst und Kunstpraxis sind zweierlei, Markttauglichkeit ist ein Drittes. Ökonomisch zu überleben ist eine andere Aufgabe als künstlerisch voranzukommen. Das kann dem werten Publikum völlig egal sein, ich aber, da ich Künstler von Beruf bin, muß das unterscheiden können.
Ich bin übrigens auch Künstler aus Passion, aber das ist meine Privatsache und hat für den Kulturbetrieb keinerlei Relevanz. Draußen zählt die Qualität meiner Arbeit, eventuell meine Markttauglichkeit.
Ich bin aber nicht unbedingt gezwungen, für den Markt zu produzieren. In dem Fall kann ich das Thema Markttauglichkeit ignorieren, muß jedoch mein Brot in einem anderem Metier verdienen. Ist Ihnen klar, daß Österreichs Kunstmarkt viel zu klein ist, um auch nur einen Teil seiner Kunstschaffenden zu ernähren? Gut, das bleibt vor allem das Problem der Künstlerinnen und Künstler.
Ich löse das, indem ich meist zwar nicht meine Werke auf den Markt trage, aber die Kompetenzen, die ich aus meiner Arbeitspraxis beziehe. Es ist also bei mir eher selten meine künstlerische Arbeit der Handelsgegenstand, sondern das, was ich sonst noch kann, was ich in den über 40 Jahren als Künstler an Kompetenzen erworben hab.
Ich handle mit materiellen und immateriellen Gütern. Sozial betrachtet ist das Jahreseinkommen entscheidend. Es bestimmt, welchen Lebensstandard ich haben kann oder ob ich in Not gerate. Auch das ist keine Kategorie der Kunst, wenngleich es Einfluß nimmt.
Ich bin Profi, weil ich über Professionalität verfüge und keinen anderen Beruf ausüben muß, um mich zu ernähren. Profi-Künstler. Ich kann gerne darlegen, was mir die Kunst ist und was es bedeutet, in der Kunst zu leben. Aber das ist hier im Moment ohne Belang.
Vor allem lebe ich nicht in der Kunst, damit andere mich für einen Künstler halten. Sie können meine Profession gerne ganz unaufgeregt allgemein einordnen wie auch den der Ärztin, des Mechanikers, des Verkäuferin, des Staplerfahrers. Manche machen ihren Job gut, manche mittelmäßig, adere schlecht. Ich mach meinen Job sehr gut. Weshalb? Weil mir das gefällt. Sichtbarkeit. Reichweite. Marktwert. Reputation. Das sind andere Kategorien. Darüber können wir auch reden…