Der Circus Maximus hat seine Gegenwart in den diversen Shows, wozu man für das Berühmtsein berühmt ist. Es zeigt sich hauptsächlich in zwei Optionen. Primo: Wer einst sehr populär war und abgestürzt ist, kann in der Arena noch verwertet werden. Secundo: Wer sich durch einige randständige und räudige Formate hochzuarbeiten versteht, bekommt dann eventuell die Marke „Promi“ umgehängt.
Wenn Sie auf der Publikumsseite vom „Bachelor in Paradise“ über die höchst brutale „Couple Challenge“ zu einem Schlachtfest wie „Promi Big Brother“ gelangen, dabei noch ein paar andere Standards mitnehmen, werden Sie sofort feststellen, was zählt.
In der Praxis der Niedertracht wird man dort dem alten griechischen Olymp gerecht, wo Göttinnen und Götter keine Schändlichkeit ausließen. Alles diesseits körperlicher Gewalt bringt Quote. Leiblich entspricht ein erheblicher Teil des Ensembles ebenfalls solchen alten Mythen. Aufgepumpt, auftrainiert, und möglichst allerweil die Haare schön.
Im Wettstreit um Sendezeit und um einen Haufen Geld, in den heftigen Debatten der Streitlustigen, zählt unter anderem angeblich, ob jemand FAKE oder REAL ist. Das bekommen wir oft zu hören. „Du bist fake, Du willst eh nur fame.“ (Bei uns hieß das früher: „Habts ihr in eurem Kaff überhaupt einen Kirchturm?“)
All das wird laufend verhandelt, wobei viele englische Vokabeln vorkommen. Dabei ist Komplexitätsreduktion vorrangig. So sagen diese Käfigbewohnerinnen und -bewohner zum Beispiel allerweil gerne „safe“, wo es „sure“, „of course“ oder „certainly“ heißen könnte, aber gut, Sicherheitsbedürfnis geht vor, also: „Du magst mich doch, oder?“ „Save!“
Wer lügt, wer heuchelt, wer sagt Wahres?
Es gibt dabei einen Universaltrick. Wenn man jemandem die schäbigste Grobheit reinsemmeln möchte, ohne dafür sanktioniert zu werden, zitiert man anschließend den Wahrhaftigkeitsparagraphen: „Ich bin nur ehrlich!“ (Also auch „real“ statt „fake“.)
Zur Erinnerung: Sendezeit und ein Haufen Geld. Das ist ein Teil der Währungen, die hier lukriert werden. Eine andere Währung sind erstens Klicks und zweitens Follower in verschiedenen Social Media-Kanälen. Da ergibt sich eine interessante Mischung aus Derivatgeschäften und einem greifbaren Warenverkehr.
Treuherziger Blick und verdeckte Intentionen. Sowas kannten wir schon vor Internet. In den Online-Communities hat es freilich eine nächste Qualität erlangt, die überdies im Rahmen von Big Data mit Geschäfts-Optionen verbunden ist, von der ich nicht einmal träume.
Aber im kleineren Bezugsrahmen unseres Kulturvölkchens gilt dann auch immer noch das launige Bonmot: „Besser eine Freund verlieren, als eine gute Pointe verschenken.“ Tja, was wären wir alle ohne Quote?