Die Übüs in ´Faustroll - ein ´Pataphysisches Adventure
Faustroll frei nach Alfred Jarry | Uraufführung
Lust am Irrwitz
Heldentaten und Ansichten des Doktor Faust Roll, Pataphysiker ist ein von der Lust am Irrwitz und Paradoxon geprägter neowissenschaftlicher Roman des französischen Schriftstellers und Bohemien Alfred Jarry (1873–1907), der zwischen 1898 und 1903 in verschiedenen literarischen Periodika fragmentarisch erschienen ist. Die erste Gesamtausgabe wurde erst 1911, vier Jahre nach dem frühen Tod des Autors, veröffentlicht.
Der Roman
Der Roman, der in der französischen Pléiade-Ausgabe gerade 96 Seiten umfasst, gliedert sich in acht Bücher mit fortlaufender Kapitelzählung. Die insgesamt 41 Textabschnitte sind dabei oftmals nicht länger als eine Seite, sind mehr Skizze oder Erzählminiatur. Das Werk schildert die abenteuerliche Reise des ’Pataphysikers Dr. Faustroll in seinem Boot As zu Wasser von Paris nach Paris in Begleitung des Gerichtsvollziehers Panmuffel, der an vielen Stellen als Erzähler oder Augenzeuge fungiert, und des Pavians Backenbuckel.
Inhalt
Gründungsdokument der ‘Pataphysik
Wissenschaft von den imaginären Lösungen
Ihren Anhängern gilt der Roman – hier weniger die Heldentaten als vielmehr die Ansichten Dr. Faustrolls – als Gründungsdokument der „’Pataphysik“, der Wissenschaft von den imaginären Lösungen. Trotz seiner grotesken und zum Teil surrealistischen Züge zeichnet sich der Text durch seine innere geschlossene Logik aus. Er ist einer imaginierten Logik unterworfen und damit gleichsam in Prosa verfasste ‘Pataphysik, Beleg für die Vereinbarkeit des Unvereinbaren. Im achten Kapitel des zweiten Buches findet sich sodann der Definitionssatz der ‘Pataphysik des Dr. Faustroll:
Epiphänomen
Ein Epiphänomen ist das, was zu einem Phänomen hinzu kommt. Die Pataphysik, deren wirkliche Orthographie ’Pataphysik, mit vorausgehendem Apostroph, lauten muss, um ein billiges Wortspiel zu vermeiden, ist die Wissenschaft von dem, was zur Metaphysik hinzu kommt, sei es innerhalb derselben, sei es außerhalb derselben, und die sich genau so weit über diese erhebt, wie jene über die Physik.
Da das Epiphänomen oft akzidentiell ist, soll die ‘Pataphysik vor allem die Wissenschaft vom Speziellen sein, wenn man auch behauptet, es könne nur eine Wissenschaft des Allgemeinen geben. Sie soll die Gesetze untersuchen, durch die die Ausnahmen bestimmt werden und soll das über das unsere hinaus bestehende Universum erklären.
Oder bescheidener, sie soll ein Universum beschreiben, das man sehen kann und das man vielleicht statt des Überkommenen sehen sollte, weil die Gesetze des überkommenen Universums, die man entdeckt zu haben glaubt, Wechselbeziehungen zwischen Ausnahmen, wenn auch ziemlich häufigen, darstellen, auf jeden Fall aber zwischen akzidentiellen Fakten, die nicht einmal den Reiz der Einmaligkeit besitzen, weil sie sich auf wenig außergewöhnliche Ausnahmen beschränken.
Kurz
Kurz: Die ‘Pataphysik ist die Wissenschaft imaginärer Lösungen, die den Grundmustern die Eigenschaften der Objekte, wie sie durch ihre Wirkung beschrieben werden, symbolisch zuordnet.
Weiter heißt es
Die gegenwärtige Wissenschaft stützt sich auf das Prinzip der Induktion: die meisten Menschen haben ein Phänomen oft genug einem anderen vorausgehen oder nachfolgen sehen, und schon schließen sie daraus, dass es immer so sein muss.
Nun trifft dies aber nur meistens zu, hängt vom Standpunkt ab und unterliegt dem Gesetz der Bequemlichkeit.
Und dennoch! Sollte man nicht statt das Gesetz des freien Falls der Körper auf einen Mittelpunkt hin zu formulieren, vielmehr die These vom Aufsteigen der Leere zu einer Peripherie hin vorziehen, indem man die Leere als Einheit der Nicht-Dichte betrachtet, eine Hypothese, die viel weniger willkürlich ist als die Festlegung auf die konkrete, positive Dichte-Einheit Wasser?[…]
Warum behauptet jeder, die Form einer Uhr sei rund, was offensichtlich falsch ist, weil sie im Profil ein rechteckiges, schmales, zu drei Vierteln elliptisches Bild bietet, und warum, zum Teufel, nimmt man ihre Form erst in dem Augenblick wahr, in dem man die Tageszeit abliest?